Roman, wie genau beschäftigt sich das InventxLab mit KI im Allgemeinen und mit Microsoft 365 Copilot im Besonderen?
KI ist eines von vier Schwerpunktthemen, sogenannten Top-Down-Themen, die wir aus dem InventxLab heraus vorantreiben. Je nach Maturitätsgrad beobachten wir und analysieren oder gehen bereits in die Umsetzung von Innovationsprojekten. Dabei obliegt es uns auch, Wissen zu den identifizierten Themen aufzubauen, in die Organisation zu transferieren und diese so auf dem entsprechenden Gebiet zu Innovation zu befähigen. Microsoft 365 Copilot hatten wir bereits kurz nach dessen Release vor anderthalb Jahren auf dem Radar. Wir folgten in der Early Access Phase den Entwicklungen und analysierten das Tool regelmässig. Mit fortschreitender Reife führten wir erste Tests durch und bildeten eine Erfahrungsgruppe mit klaren Richtlinien für die Nutzung des Programms. Dabei integrierten wir die Perspektiven verschiedener Stakeholder wie CIO, CISO, Workplace Engineering und natürlich von uns im Lab als Innovationstreiber.
Claudio, was ist Eure Stossrichtung in der Inventx in diesem Kontext?
In der Inventx starten wir beim Einsatz von KI nicht bei Null. Wir haben bereits einige Erfahrungen mit Machine Learning, etwa für Fraud Detection, oder mit Voice-Bots gesammelt. Und wir tauschen uns dazu natürlich auch intensiv mit unseren Kunden in unseren regelmässigen Community Meet-ups aus. Wir setzen dabei auf einen interdisziplinären und evolutionären Ansatz. Zunächst identifizieren wir Use Cases mit entsprechendem Nutzenprofil, dann rollen wir geeignete Kandidaten in kleinerem Rahmen intern aus und sind ständig daran, nützliche weitere Anwendungsszenarien zu eruieren. Auf dieser Basis ist auch schon das eine oder andere Innovationsprojekt mit unseren Kunden gestartet. Mit der stetigen Weiterentwicklung von Microsoft 365 Copilot seitens Microsoft versprechen wir uns auch eine kontinuierliche Ausweitung der praktischen Einsatzmöglichkeiten. Da wollen wir jeweils immer vorne mit dabei sein.
Roman, Du hast ja die Arbeit in Erfahrungsgruppen bereits erwähnt. Welche Use Cases bieten sich an für Microsoft 365 Copilot?
Generell sehen wir aktuell das grösste Potenzial bei der Wissensbeschaffung und bei kreativen Arbeitstasks. Copilot kann in Sekundenschnelle Summaries zu Projekten und Kunden erstellen, fasst Mailverläufe zusammen oder transkribiert und protokolliert Teams-Calls und Sitzungen. Auch beim Texten hilft Copilot, die sprichwörtliche Hürde der «leeren ersten Seite» zu überwinden. Noch ist die Output-Qualität weiterer Funktionen zwar nicht optimal, so dass der Mehrwert noch nicht einschätzbar ist. Aus Lab-Sicht versprechen wir uns Einiges mehr, wenn insbesondere das «Copilot Studio» weiter ausreift. Diese Low-Code-Plattform, mit der benutzerdefiniert «Agents», also individualisierte Copilots, erstellt werden können, ist optimal geeignet, ohne AI-Engineering-Fachwissen zusätzliche Quellen anzubinden und AI-Agents für spezifische Use Cases zu deployen.
Claudio, Ihr habt Euch aus Kundenperspektive dazu bestimmt auch schon Gedanken gemacht. Wo liegen die Hürden beim Einsatz von Microsoft 365 Copilot bei den Banken und Versicherungen?
Eine wichtige Hürde liegt in der Steuerung von AI – der so genannten AI Governance. Die braucht es nicht nur für Microsoft Copilot, sondern generell müssen sich Banken und Versicherungen mit den Fragen auseinandersetzen, welche KI-Instrumente wann, wofür und von wem nicht nur nützlich, sondern vor allem auch compliant eingesetzt werden dürfen. Dahinein spielt auch das Thema «Know your data», das im Hinblick auf Data Security und Data Privacy eng mit dem CISO abgestimmt werden muss. Zu häufig sind die Daten noch nicht AI-ready klassifiziert und «sauber» gelabelt. Und selbst wenn: Um auf «Nummer Sicher» zu gehen, empfiehlt sich der Betrieb von AI-Applikationen wie Large Language Models ohnehin am ehesten in Schweizer Rechenzentren oder in hybriden Cloudumgebungen, wo sichergestellt ist, dass sie im Land und im «geschützten Raum» bleiben. Ferner ist aus unserer Sicht die Beurteilung zentral, wie die KI mit möglichen Geschäftsdaten umgeht – die also beispielweise in die Lernprozesse eingebunden werden. Für die immense Rechenpower, die AI-Tools insbesondere beim Training benötigen, braucht es aber Public-Cloud-Ressourcen. Doch häufig ist die Public-Cloud-Strategie noch nicht definiert, geschweige denn vollständig implementiert.
Im engeren Sinne liegt eine weitere Herausforderung auch darin, dass es für den Einsatz von Microsoft Copilot auch einen kommerziell sinnvollen «Business Case» geben muss, so dass der Aufwand für Implementation und Betrieb in einem vernünftigen Verhältnis zum Nutzen steht und sich allein die Kosten der Subskriptionen von rund CHF 27.00 pro Nutzer und Monat rechtfertigen lassen.
Und last but not least: Microsoft 365 Copilot ist ja keine «eierlegende Wollmilchsau» – es muss geklärt werden, was dieses Tool im Vergleich mit anderen KI-Plattformen zu leisten imstande ist und welches Sprachmodell ggfs. für die spezifische Aufgabenstellung geeigneter sein könnte. Hier kann die Inventx aus mehreren Best Practices sowie aus den Pilotprojekten des Labs eingehend beraten.
Roman, aus Innovationssicht: Wie sieht eine Zukunft mit Microsoft 365 Copilot aus?
Microsoft 365 Copilot hat den entscheidenden Vorteil, dass die Anwendung vollständig in das Microsoft-Office-Ökosystem integriert ist, mit dem praktisch alle Schweizer Finanz- und Versicherungsunternehmen arbeiten. Insbesondere jene, die auch Digital Workplace Services beziehen, welche die Inventx anbietet, können mittels Copilot ihre am meisten genutzten Programme wie PowerPoint, Excel, Word, Outlook oder Teams intelligenter und somit effizienter nutzen. Es ist durchaus vorstellbar, dass sich Copilot zu einem vollwertigen digitalen Assistenten entwickeln wird, der – unter Berücksichtigung der vorgängig von Claudio genannten Hürden – den Markt weiter durchdringen wird. Spannend finde ich die These, ob dieser digitale Assistent sogar via Sprachsteuerung als Single Point of Contact fungieren kann und damit die Art und Weise, wie wir heute PCs bedienen, verändern wird.
Roman, Claudio, was sind angesichts dessen Eure konkreten Handlungsempfehlungen an alle, die den Nutzen von Microsoft 365 Copilot für ihr Business ausschöpfen wollen?
Roman: Das Thema AI ist auf der Strategie-Landkarte präsent und oftmals sind erste Erfahrungen gesammelt. Die dazu nötigen Themen wie Datenaufbereitung und Datenschutz sowie die Governance von AI rücken aber erst jetzt auf die Agenda. Für die Unternehmen heisst es: Wissen aufbauen, an der rasanten Entwicklung der Technologie dranbleiben und mögliche Use Cases zusammentragen – auch völlig unabhängig von konkreten Tools oder Programmen. Wer sich dazu austauschen möchte, ist bei uns in der InventxLab-Community jederzeit herzlich willkommen. Wir bieten mit unseren Meet-ups eine Plattform für den gesamten Innovationsprozess von der Ideenfindung bis zur Kommerzialisierung. Im Kontext von Copilot scheint mir wichtig, dass es sich nicht nur um die Aufschaltung einer Subskription handelt. So müssen beispielsweise vorgängig die erwähnten Rahmenbedingungen geschaffen werden, um anschliessend jene Use Cases mit dem grössten Nutzenpotenzial umsetzen zu können. Ebenfalls ist das Enablement der Mitarbeitenden ein wichtiger Erfolgsfaktor, denn damit steht und fällt die Output-Qualität von Copilot.
Claudio: Banken und Versicherungen können nicht so einfach drauflosexperimentieren mit den neuen KI-Tools, wie das vielleicht in weniger regulierten Branchen möglich ist. Insofern sind Sensibilisierung und Wissensaufbau sehr wichtig. Hinzu kommt, dass für die Einführung auch viel Technologie- und Integrations-Know-how nötig sind. Ohne viel Eigenwerbung machen zu wollen, kann ich jeder Bank und Versicherung empfehlen zu überlegen, ob sie nicht auf einen Partner vertrauen wollen, der von Beratung, Entwicklung und Einführung über die Methodenkompetenz und die Erfahrungen bis hin zur skalierbaren und sicheren Infrastruktur alles Erforderliche für einen zielführenden Einsatz von Microsoft 365 Copilot aus einer Hand anbieten kann. Gerne stellen wir dafür unsere Best Practices und weitere Use Cases vor, die wir – grösstenteils in Ko-Innovation – mit und für unsere Kundinnen und Kunden entwickelt haben.