OpenBanking beschreibt die Bereitstellung von Bankdaten über sichere und standardisierte Schnittstellen (API) an Drittparteien wie FinTechs oder andere Finanzdienstleister. OpenFinance erweitert dieses Modell auf weitere Daten wie Versicherungs- und Vorsorgedaten. Im Fokus der hiesigen Bundespolitik steht die digitale Selbstbestimmung der Kunden, Förderung des Wettbewerbs und Stärkung der Innovationskraft des Finanzplatzes Schweiz. Anders als in der Europäischen Union oder im Vereinigten Königreich gibt es keine gesetzliche Verpflichtung. Die Schweiz setzt bekanntlich auf einen marktgetriebenen Ansatz.

Ein wichtiger Meilenstein ist die Einführung von Multibanking – dem bankübergreifenden, sicheren Austausch von Kontodaten. Dies ist ein erster, durchwegs relevanter Fortschritt: Denn die Bereitstellung von standardisierten und sicheren Schnittstellen und Datenmodellen ist die Grundlage für alle digitalen Ökosysteme. Die technische Realisierung ist keineswegs einfach, denn die bestehenden Anwendungslandschaften wurden nicht für die Exposition nach aussen konzipiert. Die Versicherungsbranche zeigt bislang zurückhaltende Fortschritte, und vergleichbare Initiativen zur Öffnung von Daten fehlen weitgehend. Der Bundesrat kritisiert diese Entwicklung offen. Wir müssen daher auch in Zukunft mit branchenübergreifenden Asymmetrien im OpenFinance-Ökosystem rechnen, was die Integration über Plattformen hinaus komplexer macht und die Marktpotenziale entsprechend einschränkt.

Die Schweizer Politik bewertet den Fortschritt derzeit zwar verhalten, verzichtet weiterhin aber bewusst auf eine gesetzliche Verpflichtung. Dies bedeutet für den Schweizer Finanzplatz, dass die marktorientierte Öffnung zentral bleibt – folglich es keine Frage der Compliance ist. Die Branche muss sich folglich weiterhin selbst um Standards kümmern. Die Möglichkeit von künftigen gesetzlichen Pflichten bleibt jedoch offen, was ein flexibles Betriebsmodell nahelegt. Aufgrund der gemischten Fortschritte möchte das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) mit der Branche nun Indikatoren entwickeln, die messbar machen, wie weit OpenFinance umgesetzt ist. Das wird den Druck zur Dokumentation und Operationalisierung weiter erhöhen.

OpenFinance erfordert eine Entkoppelung der Anwendungslandschaft über Domänen hinweg. In unseren Beiträgen zur Composable Architektur haben wir Lösungsansätze ausführlich beschrieben. Für CIOs von Banken und Versicherungen lassen sich daraus folgende Prioritäten ableiten:

  • Offene Architektur: Ein robustes API-Management inkl. Security ist kein optionaler Luxus mehr. Die Standards sind nicht nur für die regulatorische Bereitschaft wichtig, sondern auch für das Vertrauen im Ökosystem.
  • Harmonisierte Daten: Geschäftsdaten von Banken, Versicherungen oder Vorsorgeprodukten müssen semantisch vereinheitlicht werden. Dazu gehören gemeinsame Datenmodelle, Metadaten und Datenkataloge.
  • Moderne Datenplattformen: Wir empfehlen, moderne Datenplattformen einzuführen, um Daten als strategisches Asset zu verwalten und die zuverlässige Bereitstellung ausserhalb der Kernsysteme zu ermöglichen.
  • Ökosystem-Integration: Die Umsetzung von OpenFinance-Geschäftsmodellen wird nicht im Alleingang gelingen. Es müssen Kooperationen mit IT-Dienstleistern, FinTechs und Plattform-Anbietern etabliert werden.

Fazit

Die Schweiz verfolgt weiterhin keinen regulatorisch erzwungenen OpenFinance-Ansatz, sondern einen marktgetriebenen Weg, der auf die Innovationskraft der Branche setzt. Der Druck auf die Unternehmen, interoperable APIs bereitzustellen, wächst jedoch durch politische Aufmerksamkeit und neue Indikatoren zur Messung der Fortschritte deutlich an. Für CIOs von Banken und Versicherungen bedeutet dies: OpenBanking ist nicht nur ein IT-Projekt, sondern ein strategisches Transformationsvorhaben, das gekommen ist, um zu bleiben.